Deutsche in Paraguay: Von Deutschland nach Paraguay: Auswanderer

Dieser Tage leben rund fünf bis sieben Prozent Deutsche in Paraguay. Nach Guarani, Spanisch und Portugiesisch ist Deutsch die viertwichtigste Sprache des Landes und wird von knapp 60.000 Paraguayern als Mutter- oder Zweitsprache angesehen. Obwohl die Zeitung vielerorts in Hochdeutsch geschrieben erscheint, sprechen die meisten deutschstämmigen Bewohner Plautdietsch. Dieser Dialekt gehört zur Kultur der Mennoniten, die im 18. Jahrhundert zunächst nach Russland ausgewandert sind. Vor allem nach dem Ersten Weltkrieg verließen tausende ihre Heimat, um nach Süd- und Mittelamerika zu emigrieren. Für Paraguay entschieden sich zunächst rund 30.000 Mennoniten.

Zur Regierungszeit des deutschstämmigen Diktators Alfredo Stroessner kamen jährlich Zehntausende Deutschbrasilianer über die Grenze. Sie siedelten vorzugsweise in den Verwaltungsbezirken Canendiyú, Caaguazú, Alto Paraná, Itapua und San Pedro. Als 1989 die Regierung Stroessners gestürzt wurde, riss der Zuzugsstrom nicht sofort ab. Noch einmal 150.000 Bewohner Südbrasiliens siedelten hierher um. Die meisten Mennoniten verdienen sich in der Landwirtschaft und besitzen im Gran Chaco riesige Rinderherden. Die Vorzüge, die die Einwanderer unter Stroessner erfahren haben sind dieser Tage oft Grund für heftige Diskussionen innerhalb der paraguayischen Gesellschaft. Die Grundstücksverteilung wird von den anderen Volksstämmen als ungerecht empfunden. Die seit langem angestrebte Bodenreform könnte die hitzigen Gemüter sicherlich beruhigen. Weil die deutschstämmigen Milchbauern weit verstreut leben, finden regelmäßig Festivitäten statt, auf denen man plattdeutsches Liedgut und ebensolche Tänze zelebriert.

Zwei deutsche Kolonien

Bereits 1881 gründeten Auswanderer aus Deutschland am hübschen Ostufer des Ypacarai-Sees die Siedlung San Bernardino. Zunächst wurde die Gemeinde auf den Namen Neubayern getauft. Im Jahre 1918 beschlossen die Stadtväter jedoch sie zu Ehren des paraguayischen Präsidenten Bernardino Caballero in San Bernardino umzubenennen. Die typisch deutsche Bauweise der Häuserzeilen und die Stadtflagge in Schwarz, Rot, Gold behielt man bei. Heute fungiert das Städtchen als beliebtestes, nationales Urlaubsziel und wartet mit Stränden, Discotheken und hübschen Hotelanlagen auf.

Man schätzt, dass zwischen 30.000 und 35.000 Deutsche in Paraguay die Region rund um Hohenau bewohnen. Im Ortskern selbst leben rund 11.000 Menschen. In den Gasthäusern Hohenaus kredenzt man Ihnen typisch bundesdeutsche Spezialitäten, eine Art Oktoberfest lockt alljährlich unzählige Feierfreudige an und Gebäude mit umlaufenden Balkonen erinnern an bayerische Gebirgsdörfer. Die Bilder, die man bei einem Bummel durch die Straßen sammelt sind überaus exotisch, gedeihen doch neben den Gehöften Palmen und Manioksträucher.

Paraguays Revival

Seit einigen Jahren wandern mehr und mehr Deutsche in Paraguay ein. Die Zahl der Emigranten ist seit der Jahrtausendwende auf rund 15.000 Personen angestiegen. Die günstigeren Lebenshaltungskosten, das milde Klima und die Weite dieses wunderschönen Landes mögen die Beweggründe dafür gewesen sein. Doch wer vom Mitteleuropäer zum Paraguayer werden möchte, muss sich an einige Ungewöhnlichkeiten anpassen. Die weltweit legendäre deutsche Pünktlichkeit beispielsweise schätzt man im Binnenstaat überhaupt nicht. Mehrere Stunden zu spät zu kommen ist völlig normal und stressen lässt sich in Paraguay ohnehin niemand. Erscheint Ihnen dieser Umstand als wohltuender Gegensatz zum manchmal abgehetzten Alltag der Bundesrepublik, sollten Sie überlegen auf den Spuren der vormaligen Auswanderer zu wandeln. Die kulturellen Hinterlassenschaften der ersten Siedler helfen dabei, das sicher irgendwann einmal aufkeimende Heimweh zu überbrücken und sich rasch wie zu Hause zu fühlen.

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